Werkstattcharakter des Factory Design
Die Idee dahinter ist wohl, eine gewisse Arbeitsatmosphäre zu schaffen, welche sich dadurch ausgezeichnet, dass der Raum nicht „fertig“ und unveränderbar zum Wohnen bereitsteht. Der Raum ist vielmehr Produktionsort des eigenen Lebens und der eigenen Ideen. Dazu benötigt es einen Werkstattcharakter, und eben nicht eine feine bürgerlich eingerichtete Wohnung. Das Freiheitsgefühl wird dadurch betont und in Gang gesetzt, dass die Einrichtungsgegenstände beweglich sind. Aus dem Material Stahl haben sie eine gewisse unverwüstliche Eigenschaft, die bei der Produktion des eigenen Lebens von Vorteil ist. Es kann angegriffen werden und mit ihm gearbeitet werden. Man muss nicht auf jede Schramme aufpassen, gleich nach dem Motto: wo gearbeitet wird, fliegen auch Späne.
Industrial-Look – Das Wohngefühl ist eher herb
Ein solches Wohngefühl mit Metallmöbeln ist eher rau und nicht zum Kuscheln, weshalb ein zweites Material hinzugefügt wird, welches dieses Raue, auch rau, aber mit einer gewissen Weiche, sanfter macht. Und das ist das Material von Holz. Dieses wird wiederum in Industrieproduktionsform eingesetzt: so zum Beispiel Paletten oder Kisten. Meist sind es serielle Elemente, die zum Tragen kommen. Das Holz ist dabei meist unbehandelt, oft auch richtig massiv eingesetzt. Das Holz kann also zu uns Menschen sprechen und flüstert in einer Weichheit betörende Worte in unser Ohr, während das Metall nur steif dasteht und beharrlich seinen Platz verteidigt.
Anlehnung an die Minimal Art
In der Kunst hat es diese Richtung schon in der Minimal Art in den 60-iger Jahren gegeben. Serielle Elemente aus dem Everyday-life wurden in einen anderen Kontext gestellt. Hierbei sind die amerikanischen Vertreter wie Donald Judd oder Carl Andre zu nennen. Besonders Carl Andre hat schon damals serielle Elemente aus der industriellen Produktion ins Museum gestellt. Wobei anzumerken ist, dass die Intention dahinter eine andere war: Minimal Art strebte nach Klarheit, Logik und Objektivität.
Welches Geheimnis haben Möbel aus dem Industrial & Factory Design?
Im Grunde genommen gefallen Gegenstände aus dem Industriedesign vielen Menschen. Aber was macht ihre Anziehung aus?
Nun da wäre einmal, dass sie Geschichten erzählen. Im besten Fall sind sie gebrauchte Gegenstände, so wie alte Menschen. Sie haben schon einiges erlebt. Man kann nun sagen, man möchte diese alten Geschichten nicht haben, dann wird man sich für eine moderne Einrichtung entscheiden. Aber manche Menschen mögen sich eben mit alten Geschichten, mit Antiquitäten und mit gebrauchten Gegenständen umgeben, um sich besser in den Kontext des Lebens zu platzieren, und genau für diese Menschen ist das Factory Design eine Möglichkeit, dieses Lebensgefühl auszuleben.
Der zweite Grund, liegt schon wie angedeutet, im Wort „Machen“. Nichts ist fertig, sondern befindet sich in einem steten Wandel. Die Möbel haben etwas provisorisches, flüchtiges, aber auch etwas, das unmittelbar mit dem Leben und der Produktion zu tun hat.
Das absolute Gegenteil dieses Stils wäre ein Biedermeier Bücherregal aus Kirschholz mit gesammelten Gegenständen darin, die gut platziert im Wohnzimmer das Auge des Betrachters erfreuen, aber auch angeben wollen, wo man schon überall gewesen ist und seine Trophäen eingesammelt hat. Bei diesem Bücherregal wird sich nichts mehr ändern, außer, dass Jahr für Jahr eine neue Trophäe aus einer neuen Reise hinzukommen wird. Ganz anders beim Factory-Stil. Hier werden die Möbel auch einmal verändert, im Raum herumgeschoben und anders platziert. Je nachdem, wie eben gerade die Anforderungen sind, erhält man wieder eine neue Kombination der „Werkstätte“. Es ist dieses Gefühl, dass man selbst noch die Welt gestalten kann, das die Wohnwelt des Industrial Design so interessant macht.